„Das Vertrauen und die Freundschaft der Menschen zum Roten Kreuz sind so groß, dass wir uns immer darüber wundern und sie wie eine Gnade empfangen…“ Dies sind Worte des tief religiösen Genfer Kaufmanns Henri Dunant, auf den sich die Gründung der Organisation des Roten Kreuzes zurückführen lässt. Noch heute staunen wir darüber, wie selbstverständlich und erwartungsvoll seine Idee zur Linderung unmenschlicher Kriegsfolgen von einer gequälten Menschheit aufgenommen wurde und sich verbreitete.
Lothar Morell hat einmal geschrieben, dass Richard Heß und er aus eben diesen Motiven die Gründung einer Ortsvereinigung des DRK ins Auge gefaßt hatten. Denn auch in unserer ländlichen Gegend, so hatten sie wohl erkannt, ergaben sich trotz aller Geborgenheit in Familie und Dorfgemeinschaft noch Möglichkeiten, der Allgemeinheit im Sinne des Roten Kreuzes zu dienen. Die Frage aber war, ob man denn auch genug Gleichgesinnte finden würde, die den sicher nicht leichten Weg einer Vereinsgründung mitgehen würden.
Schließlich traf man sich am 8. Juli 1959 in der Alten Schule zu Bleichenbach, um unter Mitwirkung des Kreisverbandsvorsitzenden Christian Hüter und dem Kreisbereitschaftsführer Karl-Heinz Nagel die Ortsvereinigung Bleichenbach des Deutschen Roten Kreuzes zu gründen.
Das Gründungsprotokoll nennt als Anwesende:
August Adam Dieter Kosch Dieter Müller
Heidi Bickel Dieter Kraft I Rolf Röse
Marianne Dreßler Dieter Kraft II Horst Smolik
Dieter Grauling August Kraft II Werner Smolik
Ludwig Heß II Renate Kraft Gottfried Schöbel
Richard Heß Wilhelm Kraft VI Josef Helmut Scholz
Hartmut Höhn Heinz Krieg Josef Scholz
Aloisia Katzer Helmut Kröll Helga Thomä
Ingrid Körner Lothar Morell Karl-Hermann Vogel
Der gewählte Vorstand setzte sich wie folgt zusammen:
1. Vorsitzender: Bürgermeister Wilhelm Kraft VI
2. Vorsitzender: Helmut Kröll
Schatzmeister: Heinrich Grauling
Bereitschaftsführer: Richard Heß
Bereitschaftsführerin: Aloisia Katzer
Schriftführerin: Marianne Dreßler
In der folgenden Zeit wuchs die Bereitschaft der Ortsvereinigung erfreulich stark und trat bei öffentlichen Veranstaltungen oft in Erscheinung. Schon nach kurzer Zeit konnte sie als voll ausgebildete Sanitätseinheit bei Schauübungen in Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr mitwirken. Dadurch erhielt auch die Bevölkerung einen Einblick in die Rotkreuzarbeit.
Am 4. November 1959 konnte in Bleichenbach eine Erste-Hilfe-Unfallstelle eingerichtet werden. Sie befand sich damals in dem Haus des Friseurgeschäftes Ludwig Heß II in der Bleichstraße. Ludwig Heß war ausgebildeter Sanitäter im 2. Weltkrieg und durch seine geschäftliche Tätigkeit für Notfälle immer erreichbar.
In der folgenden Zeit wurden die aktiven Mitglieder in Erster Hilfe und Sanitätsdienst ausgebildet und bei verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen eingesetzt. Am 18. April 1962 wurde die Bereitschaft Bleichenbch im Saale Reitz in einem zweitätigen Lehrgang in Fernmeldewesen und Fernmeldetechnik unterwiesen. Die Teilnehmerzahl betrug damals 22 Helferinnen und Helfer. Die grundlegenden Kenntnisse vermittelten die Herren Günther und Besch vom Bezirksverband Darmstadt.
Aus dem Bericht des damaligen Bereitschaftsführers war zu ersehen, dass dieser Fernmeldezug mehrmals zu Einsätzen und Übungen herangezogen wurde. Besonders zu erwähnen wäre der erste Einsatz des neugegründeten Fernmeldezuges bei einer Katastrophenübung in Nidda, der zeigte, dass der Fernmeldetrupp Bleichenbach seine Aufgaben gut meisterte.
1962 wurde ein Schnelleinsatztrupp gebildet. Hierbei handelt es sich um Personen, die ihr Privatfahrzeug in den Dienst des Roten Kreuzes stellten. Dafür wurden diese Kraftfahrzeuge mit einem großen Verbandskasten und einem Wimpel ausgerüstet. Die Helfer trugen eine Rotkreuzarmbinde. Sinn und Zweck dieser Schnelleinsatztruppe war, bei einem Alarm schnellstens Helfer und zusätzliches Verbandsmaterial an den Unfallort zu bringen. Im Herbst 1962 konnte der Kamerad Lothar Morell einen Lehrgang als Erste-Hilfe-Ausbilder besuchen. Dadurch war die Bereitschaft nicht mehr auf Fremdausbilder angewiesen.
Im Jahre 1963 wurde uns von dem Bäckermeister Heinrich Leiß ein KFZ-Anhänger zu Verfügung gestellt, der von der Bereitschaft zum K-Anhänger (Katastrophenschutz) umgebaut und 1965 vollständig ausgerüstet wurde. Sein vorerst letzter Einsatz war 1989, als Decken und Liegen ins Feriendorf Ober-Seemen für DDR- Aus- und Übersiedler gebracht wurden. Danach wurde der Hänger in einer anderen Bereitschaft für den Katastrophenschutz genutzt. 2012 wurde der Hänger wieder bei unserer Bereitschaft in Dienst gestellt.
Weihnachten 1965 hatte die Bereitschaft Bleichenbach Päckchen an Bedürftige in Bleichenbach und Stockheim verteilt, was später auf den ganzen Betreuungsbezirk ausgedehnt wurde. Aus dieser Grundidee taten sich neue Möglichkeiten für die Bereitschaft auf, sozial tätig zu werden. Diese Arbeit wurde mit Unterstützung des Kreisverbands Büdingen und der Gemeindeverwaltung des Betreuungsgebietes, die die Anschriften der zu Beschenkenden auswählten, weiter ausgebaut und dazu noch um einen Geburtstagsdienst erweitert. So niederdrückend das Schicksal einiger unserer Mitmenschen auch sein mag, ihnen wie uns tut es gut, wenigstens eine kleine Freude bereiten zu können.
Man begann im Mai 1968 mit dem Bau des Hauses, zu dem die Gemeinde Bleichenbach das Baugrundstück in Erbpachtrecht zu Verfügung gestellt und die Kosten für das Bauholz durch Holzlieferung aus dem Gemeindewald sichergestellt hatte. Aber nicht nur die Mitglieder der Bereitschaft förderten den Bau durch unzählige freiwillige Arbeitsstunden, auch die Bleichenbacher Bevölkerung zeigte sich bereit, das Engagement des DRK durch großzügige Spenden anlässlich einer Haussammlung zu unterstützen: Insgesamt kamen 4.744,00 DM zusammen. Der Kreisverband Büdingen des DRK stellte zunächst7.000,00 DM als zinsloses Darlehen zu Verfügung, so dass zusammen mit weiteren Spenden die Rohbausumme von ca. 13.700,00 DM restlos bezahlt werden konnte. Noch wusste man nicht, woher man die restlichen 10.000,00 DM nehmen sollte, um die Fertigstellung des Hauses zu finanzieren. Protokolle, Zeitungsberichte und schriftlich fixierte Absprachen belegen, dass man das Gebäude dann doch einem allgemeinnützigen Zweck zuführen konnte: Wegen akuten Schulraummangels wurde eine Schulklasse für zwei Jahre im DRK-Haus untergebracht. Um den Innenausbau für diesen Zweck schleunigst abschließen zu können bewilligte die Stadt Ortenberg weitere 8.700,00 DM und am 10. März 1972 konnte nach vierjähriger Bauzeit die erste Mitgliederversammlung im eigenen Haus eröffnet werden. Die Schulklasse benutzte das DRK-Haus bis in das Jahr 1974.
Am 1. Oktober 1982 eröffnete Herr Bernd Stegmann seine Arztpraxis, die ein Jahr später von Frau Dr. Eva Pietsch-Berger übernommen wurde. Der Bau konnte so doch noch seinem eigentlichen Zweck zugeführt werden. Innerhalb weniger Wochen wurden von Seiten der Bereitschaft und vieler freiwilliger Helfer aus dem Dorf, aber auch durch Unterstützung einiger Firmen aus Bleichenbach und Umgebung, die Umbauarbeiten durchgeführt.
Der nächste Umbau fand 1983 statt, als man für die Bereitschaft einen separaten Zugang zum Kellergeschoss schuf, um jegliche Belästigung der Arztpraxis zu vermeiden. Die Kellerräume waren jedoch in keinster Weise für eine sollte Nutzung ausgelegt, und außerdem durch einen Wassereinbruch in der Bausubstanz stark geschädigt. Da in den vergangenen Jahren entsprechende Mittel für einen Umbau angespart wurden, und dadurch, dass sich der Kreisverband bereit erklärte weitere Mittel für den Umbau bereitzustellen, wurde 1994 der Beschluss gefasst, den Umbau der Kellerräume nun in Angriff zu nehmen. Die Baupläne und die Statik wurden durch die Architekten Kraft und Kleer aus Bleichenbach durchgeführt. Im Frühjahr 1995 wurde dann mit den Abbruchmaßnahmen im Keller begonnen. Ab Sommer 1995 konnten wir dann an den Innenausbau gehen. Durch den Abriss einiger Wände entstand so ein großer Gemeinschaftsraum, der 30-35 Personen Platz bietet und der für Versammlungen an Bereitschaftsabende, Schulungen und Gemeinschaftsveranstaltungen genutzt werden kann. Daneben wurden noch Lagerräumen, ein Büro, zwei Toiletten sowie eine Küche geschaffen.
Im Jahre 1997 wurde dann wieder auf dem Außengelände weitergearbeitet, z.B. Fundamente für eine Fertiggarage hergestellt, ein Vordach über dem Eingang angebracht, das Garagentor erneuert und vorm Haus Tuja-Bäumchen eingepflanzt. Außer diesen Arbeiten waren wir im Herbst bei der Nachtübung der Feuerwehr mit im Einsatz.
In den Jahren 2000 bis 2007 bestand die Bereitschaft aus sehr wenigen Mitgliedern. Daher beschränkte sich die Arbeit auf Blutspendetermine in Bleichenbach und Glauburg und Sanitätsdienste bei verschiedenen Veranstaltungen in der Großgemeinde Glauburg und in Bleichenbach. Altkleidersammlungen wurden durchgeführt und die Seniorenarbeit aufrechterhalten. Regelmäßig wurden auch Renovierungs- und Instandhaltungsmaßnehmen im und am Rotkreuzhaus durchgeführt. Auch die Zusammenarbeit mit den übrigen örtlichen Vereinen wurde gepflegt (z.B. gemeinsame Übung mit der Feuerwehr). Ein jährliches Sommerfest mit verschiedenen Attraktionen fand im Juli statt. DRK-intern kam die Geselligkeit ebenfalls nicht zu kurz. Jedes Jahr wurden ein Heringsessen und eine Weihnachtfeier für alle Aktiven durchgeführt.
Im August 2007 hat die Bereitschaft wieder zum Bereitschaftsabend eingeladen. Es wurden die Aktiven wieder motiviert, ehemalige Helfer neu geworben und neue Bereitschaftsmitglieder gefunden. Über zwanzig Helfer kamen zu den Bereitschaftsabenden. Das Fahrzeug des Hausnotrufes vom DRK KV Friedberg wurde ab sofort rund um die Uhr besetzt um Hausnotrufe im Ostkreis zu betreuen. Hier sah man eine sinnvolle Aufgabe.
In der Bereitschaft hat ein Neuanfang stattgefunden. Die gesamte Organisation wurde neu strukturiert und neue Dienstkleidung und Ausrüstung wurde angeschafft. Die Bereitschaft präsentiert sich auch im Internet. Sanitätsdienste wurden bei verschiedenen Veranstaltungen versehen und auch andere Bereitschaften unterstützt (Kalter Markt Ortenberg, Landpartie im Büdinger Schloß und verschiedene Veranstaltungen der Bergwacht Schotten). Die Betreuung der Blutspendetermine fiel durch höhere Mitgliederzahl leichter. Die Bereitschaftsabende waren gut besucht und die Ausbildung hat man vorangetrieben. Die vorhandenen Aufgaben wurden erweitert und neue Möglichkeiten gesucht.
Im April 2008 wurden die Standorte der neuen Kleidercontainer besprochen und festgelegt. Der Anfang des Kleiderlädchens wurde hier diskutiert. Aber auch die Feierlichkeiten wurden nicht vergessen. Neben dem obligatorischen Sommerfest wurde auch intern wieder das Heringsessen am Aschermittwoch, im Herbst ein Oktoberfest und zum Jahresabschluss die Weihnachtsfeier durchgeführt. Die Mitglieder nahmen auch an der gemeinsamen Weihnachtsfeier des Kreisverbandes teil.
Da es keinen niedergelassenen Arzt mehr in Bleichenbach gab, fühlten wir uns verpflichtet, die Bevölkerung durch ein HvO (Helfer vor Ort)-System zu betreuen. Eines der wenigen Systeme im Wetteraukreis. Sollte im Notfall kein Rettungsdienst innerhalb von zehn Minuten verfügbar sein, wird dieser Helfer vor Ort zur Erstversorgung von der Leitstelle alarmiert. Dieses System wird zusammen mit den Helfern der Feuerwehr Bleichenbach betreut. Das Material, - Defibrillator, Spineboard, Notfallrucksack usw. - wurde durch uns finanziert und das Fahrzeug stellt die Feuerwehr Bleichenbach zur Verfügung.
Im Oktober wurde der HvO offiziell im Rahmen eines Oktoberfestes zusammen mit der Feuerwehr eingeweiht. Viele Anschaffungen wurden getätigt. So haben wir Handfunkgeräte und Funkmeldeempfänger angeschafft. Ausbildung wurde ab sofort groß geschrieben. Eine SAN Ausbildung wurde durchgeführt. Jährliche UVV, Auffrischungen im Umgang mit Defibrillator und Reanimationstraining sind mittlerweile Standard.
Der Gedanke zur Eröffnung eines Kleiderladens wurde wieder aufgenommen. Dies wurde auch den örtlichen Vereinen und Vertretern aus Kirche und Politik vorgestellt. Die Räume der ehemaligen Arztpraxis wurden in Ausbildungsraum und in das Kleiderlädchen geteilt. Die Umbau- und Renovierungsarbeiten übernahmen die Bereitschaftsmitglieder. Abbruch, Malerarbeiten, Elektro- und Holzarbeiten wurden durchgeführt. Eine große Hilfe waren verschiedene Bleichenbacher Firmen, die uns mit Material, Fachwissen und Arbeitskraft unterstützt haben.
Im Januar 2010 wurde unser Kleiderlädchen eröffnet. Elf Damen aus Bleichenbach waren zur ehrenamtlichen Mitarbeit bereit. Sie haben sich zu einem eingespielten Team entwickelt. Aus dem Erlös des Kleiderlädchens werden soziale Projekte unterstützt. Hier haben wir bereits für den HvO Ausrüstung angeschafft und auch den Kindergarten Puzzle mit Kinder-Ruhesesseln und einem CD-Player für Hörgeschichten unterstützt. Bei einem Zimmerbrand in Ortenberg wurde ein Kinderzimmer zerstört, hier halfen wir sofort mit kostenloser Kleidung aus und kauften noch zwei Kinderbettmatratzen. Den Stadtbrandinspektoren von den Gemeinden des Altkreises Büdingen wurden die Kontaktdaten unserer Bereitschaft übermittelt, um im Notfall schnell mit Kleidung und Wäsche helfen zu können. Auch der Hilfsmittelverleih wird von der Bevölkerung angenommen.
Im Suchdienst arbeitet die Ortsvereinigung aktiv mit. Das Kreisauskunftsbüro ist im Katastrophenschutz seit 2010 eingegliedert. Dieses KAB wird von uns und dem DRK- KV Friedberg gemeinsam unter dem Namen „Kreisauskunftsbüro Wetterau“ betrieben. Offizielle Indienststellung ist der 4. September 2010.